Jens Dietzel als Landschaftsfotograf


Handwerker – Wanderer – Fotograf

 

Diese Reihung hat nicht nur ihre biografische Berechtigung, wenn ein gelernter Ofenbauer eine Kamera mit einem beachtlichen Holzkasten für eine Negativgröße von 20 x 25 cm ins Gebirge trägt, sondern sie erinnert zugleich an die künstlerische Epoche der Romantik und verweist damit auf Jens Dietzels Schaffensprozess. Als Francesco Petrarca im Jahr 1336 den Mont Ventoux besteigt, frei von Ziegenhüte- oder anderen Zweckgedanken, und die Landschaft betrachtet, ist neben dem Alpinismus eine neue Art der Landschaftserfahrung geboren. Petrarca trägt mit sich noch ein Buch und besinnt sich angesichts der Landschaft auf sich selbst.

 

Der frühromantische Maler Caspar David Friedrich, empfindlich und ordentlich, trägt in sich seine Seele und ersinnt in seinem Atelier aus sich selbst, aus einem Bild in seiner Seele ein tiefes und wahres Landschaftsbild nach seinen peniblen Kompositions-skizzen. Seine Bilder sprechen direkt zu der Gefühlswelt des Betrachters und beziehen diesen in einen Deutungsprozess mit ein – Kennzeichen der modernen Malerei. Bei der Entstehung einer Ästhetik der Fotografie findet sich Friedrichs Gedanke, dass die Seele alles vorgebe, verwandelt in Edward Westons zitiertem Diktum von „previsualization“

– hier ist das auf Beherrschung des fotografischen Handwerks beruhende Bewusstsein für die vorgestellte Bildqualität im Moment des Auslösens angesprochen.

 

Jens Dietzel treibt ein Vor-Gefühl in die Berge, auch im Norden oder Süden ist er unterwegs, aber immer wieder die Bergwelt in ihrer Erhabenheit spricht ihn an – und das Erhabene spricht aus seinen Arbeiten zu uns Betrachtern und unserer menschlichen Sehnsucht. Was nach Weston die Fotografie leistet, die „Majestät des Moments“ zu erzeugen, das gelingt in Jens Dietzels Arbeiten - als ob sein ihn leitendes Vorgefühl sich erst durch das auslösende Moment der Belichtung und die handwerkliche Verwirklichung selbst realisieren würde. Er verbindet die Flüchtigkeit der zufälligen klimatischen Bedingungen, des Lichts mit der an Ewigkeit gemahnenden Dauer der Felsmassive und Gesteinsformationen, oder auch mit dem Charakter einer Fichte oder der Stimmung einer nahezu fantastischen oder unzugänglichen Gegend. Unwegsames bleibt unwegsam und gerade dadurch erhaben, dennoch zugleich vermittelt durch die sinnliche Präsenz der Schönheit scheinbar greifbarer Texturen.